Autor:innen:
Dr. Tanja Gabriele Baudson | Mensa in Deutschland | Germany
Dr. Rebecca Heinemann | Germany
Dr. Nadja Olyai | Germany
Dr. Ingmar Ahl | Karg-Stiftung | Germany
William Stern (1871–1938) – dem Pionier der Begabungsforschung zum 150. Geburtstag
Symposium von Tanja Gabriele Baudson, PD DR. Rebecca Heinemann und Dr. Nadja Olyai
William Stern ist den meisten als Erfinder des IQ bekannt. Diese Tatsache entbehrt nicht einer gewissen Ironie, war er doch selbst gegenüber diesem Maß und insbesondere seiner reduktionistischen Anwendung zur Begabungsidentifikation gegenüber eher kritisch eingestellt. Gerade, was das Verstehen, Erkennen und Fördern von Begabungen angeht, hat Stern jedoch deutlich mehr zu bieten. Das soll dieses Symposium zeigen, in dem eruiert werden soll, welchen Nutzen Forschung und Anwendung bis heute aus Sterns Leben und Werk ziehen können. Eine (Wieder-)Entdeckung lohnt!
Neben den beschriebenen Schwerpunkten werden wir biografische Aspekte behandeln, wobei auch bislang wenig bekannte Fotografien aus dem Jerusalemer Nachlass Sterns gezeigt werden sollen. Außerdem bleibt Zeit für eine kritische Diskussion mit dem Publikum über Sterns Verdienste und die Bedeutung seiner Ideen für die heutige Begabungsforschung.
Schwerpunkte Beitrag PD. Dr. Rebecca Heinemann: Historische Dimensionen der Begabungsforschung Sterns in Deutschland
Der Beitrag beleuchtet die historischen Dimensionen der Begabungsforschung in Deutschland, die nach 1900 maßgeblich von William Stern an den Universitäten Breslau und Hamburg geprägt wurde. Dabei werden die wissenschaftsgeschichtlichen und kulturellen Kontexte der Begabungsforschung in den Blick genommen, so v. a. deren Bezüge zur Kinderpsychologie, experimentellen Pädagogik und Reformpädagogik mit der ihr spezifischen Schulkritik. Herausgearbeitet werden vor diesem Hintergrund auch das ausgeprägte pädagogische Interesse William Sterns und dessen Ziel, einen Beitrag zur Schulreform und Professionalisierung der Lehrerbildung zu leisten. Außerdem werden das theoretische Begabungsmodell Sterns und das Leitkonzept des Personalismus vorgestellt, das für das Verständnis der Begabungsforschung Sterns wesentlich ist.
Schwerpunkte Beitrag Tanja Gabriele Baudson: Mehr als nur „Ei-Kju“ – Die Rolle der Psychologie für Sterns Begabungsforschung und -förderung
William Sterns Forschung ist alles andere als monothematisch aufgestellt – davon zeugt das umfangreiche Publikationsverzeichnis des Psychologen, der zu seiner Zeit zu den produktivsten Wissenschaftlern gehörte. Seine Themenbreite rührt insbesondere auch daher, dass er die große Bedeutung der damals noch relativ jungen Psychologie erkannte, die für ihn in ganz besonderem Maße geeignet war, die Brücke zwischen Wissenschaft und Leben zu schlagen. Ganz besonders zeigt sich dies in der Begabungsforschung, in der die Psychologie als Hilfswissenschaft dient, um die „Auslese“ der Begabten von der Subjektivität des Lehrkrafturteils zu emanzipieren, ohne jedoch gleichzeitig eine Deutungshoheit für sich zu beanspruchen. Wie die Psychologie gegenüber Individuum und Welt verantwortlich handeln kann, soll in diesem Beitrag vorwiegend anhand von Beispielen aus Sterns Forschung zur Begabungsidentifikation aufgezeigt werden.
Schwerpunkte Beitrag Dr. Nadja Olyai und Ingmar Ahl/Karg-Stiftung: Sterns Bedeutung für die heutige Praxis der Begabungs- und Begabtenförderung
Der (Diskussions-)Beitrag soll der Frage nachgehen, welche Bedeutung William Stern auch heute noch für das konkrete Arbeiten im Kontext der Begabungs- und Begabtenförderung haben kann. In diesem Zusammenhang sollen zum Beispiel die interdisziplinäre Begabungsförderung, die Frage nach Begabungsgerechtigkeit und die Kritik an der verzerrten Wahrnehmung hochbegabter Schüler*innen in den Blick genommen werden. Diese werden mit Anwendungsbeispielen aus der (Projekt-)Arbeit der Karg-Stiftung veranschaulicht und zur Diskussion gestellt.