Autor:in:
Dr. Luca Preite | Institut Sek I und II | Switzerland
Übergangsausbildungen nehmen eine bedeutende Stellung im Schweizer Bildungssystem ein. Aktuell ist jeder vierten beruflichen Grundbildung eine ein- bis zweijährige Übergangsausbildung beziehungsweise nicht-zertifizierte Übergangsphase vorgelagert. Es handelt sich dabei um sogenannte Brückenangebote, Motivationssemester, Vorlehren sowie Praktika, Sprach- und Au-Pair-Aufenthalte.
Solange die Forschungsliteratur vor allem nach Erklärungen für diese 'aufgeschobenen' Übergänge sucht, bleibt gering erforscht, welche vielfältige Übergangsarbeiten (z.B. berufliche Orientierung, Bewerbungen, Umgang mit Absagen) seitens der beteiligten Akteure/innen hinsichtlich des Übertritts erbracht werden. Nicht von ungefähr dominieren quantitative Untersuchungen, die mittels strukturellen und individuellen Variablen nach Erklärungen für 'verzögerte' beziehungsweise nicht-stattfindende Übertritte suchen (Pool Maag, 2016). Kommt hinzu, dass Übergangsausbildungen in theoretischer Perspektive mehrheitlich als Wartebänke und Warteschleifen (vgl. Sacchi & Meyer, 2016) beziehungsweise als „verlorene Jahre mit hohen individuellen und gesellschaftlichen Kosten“ (Wolter & Jaik, 2016, S. 4) definiert sind. Vergessen bis opakisiert bleibt demnach, welche „Schattenarbeiten“ (Illich, 1981) in dieser Ausbildung der Ausbildungslosen sowohl hinsichtlich der Gestaltung, Separierung wie auch Abkühlung von Bildungslaufbahnen stattfinden.
Der Beitrag setzt an dieser Forschungslücke an und rückt die Akteure/innen der Übergangsausbildung – gemeint sind sowohl Lernende als auch Lehrende – in den Mittelpunkt einer subjektorientierten Übergangsforschung (Stauber, Pohl & Walther, 2007). Gefragt wird danach, wie diese Akteure/innen 'aufgeschobene' Übergänge sowohl erfahren als auch gestalten. Für die Bearbeitung dieser Fragestellung wertet die Dissertation über zwanzig themenzentrierte Einzel- und Gruppeninterviews aus, die zwischen 2014 bis 2017 im Raum der Nordwestschweiz mit über vierzig Akteuren/innen der Übergangsausbildungen durchgeführt wurden. Wenn dabei für die Datengenerierung in Anlehnung an die grounded theory methods nach Charmaz (2006) gearbeitet wurde, so erfolgte die Datenauswertung der ausgewählten Fallstudien in Anlehnung an die qualitative Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2016).
Die Ergebnisse der kumulativen Dissertation wurden in gesamthaft sechs wissenschaftlichen Publikationen verschriftlicht (Krompàk & Preite, 2018; Preite, 2016, 2018a, 2018b, 2019; Preite & Steinberg, 2019). Für den Forschungstag werden diese Publikationsergebnisse erstmal in zusammenfassender und verdichteter Form wiedergegeben. Unter anderem zeigt sich dabei, dass sowohl Jugendliche wie auch Lehrende in ihren vielfältigen Übergangsarbeiten «nicht einfach die Gelackmeierten sind, die Opfer in einem sozialen System, das sich überwältigend vor ihnen auftürmt» (Willis, 1981, 17), sondern in vielfältiger Weise als handlungsfähige und handlungsbefähigende Akteure/innen von Bildungslaufbahnen agiere.